Rutschungen - die gleitende Gefahr

Sie können aber lokal sehr einschneidend sein

Rutschungen und Hangmuren treten überall in der Schweiz auf. Sie gehören aber national betrachtet nicht zu den grössten Schadensverursachern. Sie können aber lokal sehr einschneidend sein, wie beispielsweise 1994 im freiburgischen Falli-Hölli, als eine ganze Ferienhaussiedlung mit 37 Häusern von einer Rutschung mitgerissen und zerstört wurden.

Je nach Tiefe der Gleitfläche werden Rutschungen als flach-, mittel- und tiefgründig bezeichnet. Unterschieden wird zudem, ob sie sich permanent oder spontan bewegen. Ist die Rutschmasse breiartig mit einem hohen Wasseranteil, spricht man von Hangmuren.

Im Gegensatz zu den Hangmuren werden Murgänge nicht zu den Rutschprozessen gezählt. Murgänge entstehen im Gerinne eines Fliessgewässers. Nicht selten führen Rutschungen zu sekundärem Steinschlag aus der Rutschmasse.

Auswirkungen Klimawandel

Klimawandel führt zu Rutschungen

Infolge des Klimawandels werden Starkniederschläge häufiger und intensiver. Die Böden in Hanglagen saugen sich voll und können vermehrt zu flach- bis mittelgründigen Erdrutschen und Hangmuren führen. Zudem kommt es aufgrund des Rückgangs der Gletscher zu instabileren Hängen. Ein Beispiel dafür ist die grosse Rutschung Moosfluh im Aletschgebiet (VS), wo der Hang aufgrund des Gletscherrückgangs bis zu 30 Meter pro Jahr rutscht.

Zudem kommt es aufgrund des Rückgangs der Gletscher zu instabileren Hängen

Überwachungen und Schutzmassnahmen

Überwachungen und Schutzmassnahmen

Die Schäden durch Rutschungen konnten mittels verschiedener Massnahmen in den letzten Jahren reduziert werden. Dafür dienen Gefahrenkarten, Überwachungen (wie in Moosfluh, Aletsch) oder gezielte bauliche Schutzmassnahmen (wie Dämmen oder Drainagen). Aber auch eine angepasste Bauweise und nicht zuletzt Evakuations- und Umsiedlungsanordnungen helfen, Schäden zu verringern.

Wirkungsvolle Massnahmen

Wirkungsvolle Massnahmen

Die Kantone und Gemeinden tragen mit ihren Raumplanungsinstrumenten und ihrer Bewilligungspraxis massgeblich zur Minderung der Risiken durch Rutschprozesse bei. Eigentümerinnen und Eigentümer können sich und ihre Gebäude mit einer gefahrenangepassten Bauweise schützen. Beispiele für Massnahmen sind:

Raumplanerische Massnahmen

  • Die Siedlungsentwicklung in ungefährdeten Gebieten planen 
  • Differenzierte Gefahrenzonen ausscheiden und Nutzungen einschränken 
  • Bauverbote in stark gefährdeten Gebieten erlassen
  • Auflagen für Neu- und Umbauten in gefährdeten Gebieten beschliessen

Technische Massnahmen

  • Bauten und Anlagen in robuster Bauweise erstellen 
  • Oberflächenwasser fassen und kontrolliert ableiten
  • Drainagen, offene Entwässerungsgräben und -stollen bauen 
  • Schutzbauwerke wie Hangmurennetze, Hangverbauungen oder Schutzdämme erstellen
  • Bestehende Schutzbauten unterhalten und instandstellen 
  • Abflusskorridore der Gewässer in Rutschgebieten freihalten

Biologische Massnahmen

  • Potentielle Rutschgebiete mit geeigneten Baumarten bestocken (gegen flach- und mittelgründige Rutschungen) 
  • Bestehende Schutzwälder pflegen 

Organisatorische Massnahmen

  • Bekannte Rutschgebiete überwachen 
  • Warn- und Alarmdispositive aufbauen  
  • Evakuationspläne erstellen  
  • Verkehrsachsen und Wanderwege (temporär) sperren 
  • Umsiedlungen planen  

Risikokommunikation in Brienz (GR)

Dank permanenter Überwachung und einer angeordneten Evakuation kam es in der Gemeinde Albula nicht zu einer Katastrophe. Die bestehenden Unsicherheiten in der Entwicklung wurden transparent kommuniziert. Die Gemeinde und der Kanton informierten die Betroffenen laufend und umfassend.

Chronik

Wichtige Rutschungen und Hangmuren

1857 Campo Vallemaggia

Eine Rutschmasse von über 100 Mio. m3 zerstörte in Campo Vallemaggia (TI) zehn Häuser und zahlreiche Ställe. 

1994 Falli-Hölli

Durch eine Rutschung von 40 Mio. m3 Volumen und 2 km2 Oberfläche wurden mehr als 30 Ferienhäuser in Falli-Hölli (FR) teilweise oder vollständig zerstört. Es entstand ein Schaden von rund 20 Mio. Franken. Dank rechtzeitiger Evakuation gab es keine Verletzten. 

2000 Gondo

Am 14. Oktober kam es im Dorf Gondo (VS) zu einer Tragödie: Der anhaltende Regen weichte das Fundament einer Stützmauer oberhalb des Dorfes auf. Als eine Schlammlawine zusätzlich darauf drückte, kippte die massive Betonwand um. Innerhalb von 20 Sekunden ergoss sich eine Lawine aus Schlamm, Geröll und Felsbrocken über das Dorf und begrub es unter sich. 13 Personen kamen ums Leben.

2005

Während der Unwetter im August wurden mehr als 5000 Rutschungen und Hangmuren dokumentiert. Es entstanden grosse Gebäudeschäden. In Entlebuch (LU) wurden zwei Feuerwehrleute von einer Hangmure erfasst und getötet. In Weggis (LU) zerstörten Hangmuren und ein sekundärer Blockschlag drei Gebäude. Die Bewohnenden waren rechtzeitig evakuiert worden.  

2023 Brienz

Das Dorf Brienz/Brinzauls (GR) liegt auf einer grossen Rutschung, die sich in den letzten Jahren beschleunigt hat – von einigen wenigen Zentimetern auf über einen Meter pro Jahr. Zudem bedrohte eine kleinere, höher gelegene Rutschung das Dorf. Mitte Juni 2023 kam es zum Bergsturz, der glimpflich ablief: Die Behörden hatten die Bevölkerung zuvor temporär evakuiert. 

2023 Schwanden

Ende August kam es nach starken Regenfällen oberhalb Schwanden (GL) zu einem Erdrutsch, der sich auf einer Länge von über 400 Metern erstreckte. Knapp 100 Personen wurden rechtzeitig evakuiert. Insgesamt wurden 38 Gebäude verschüttet oder zerstört.  

Kaskade von Naturgefahren

Kaskade von Naturgefahren

Bisweilen kommt es bei Naturgefahren zu einer Verkettung von Ereignissen. Rutschungen können für weitere Naturgefahren eine Rolle spielen:

Fels- und Bergsturz

Rutschungen und Hangmuren können einen sekundären Stein- oder Blockschlag auslösen.

Wassergefahren

Grosse Rutschungen und insbesondere Hangmuren können zu Verklausungen von Fliessgewässern oder zu Schwallwellen führen.  

Weitere Informationen zu Rutschungen finden Sie unter

Letzte Änderung: 27.03.2024