Hochwasser betreffen grosse Teile unseres Lebensraums

Hochwasser und Murgänge sind – noch vor Stürmen und Hagel – jene Naturgefahren, die in der Schweiz wiederholt die höchsten Sachschäden pro Jahr verursachen. Seit Mitte des 19. Jahrhunderts wird viel für den Hochwasserschutz getan. Doch mit der zunehmenden Siedlungsdichte und den stärker auftretenden Gewittern und Starkniederschlägen aufgrund des Klimawandels bleibt die Verletzlichkeit bestehen.

Alarmierung

Warnsystem und Alarmierung

Für Hochwasser sind oft verschiedene Faktoren verantwortlich, die auch kombiniert auftreten können: starke oder langanhaltende Regenfälle, Schneeschmelze, grosse Wasser- und Geschiebemengen, Erosionen, Ablagerungen. Hochwasser und Murgänge (anschwellende Bergbäche, die Geröll und Erdmasse mitreissen) verursachten seit 1972 Schäden in der Höhe von über 13 Mrd. Franken.

Das Hochwasser von 2005 hat die Grenzen technischer Schutzmassnahmen aufgezeigt und eine Kehrtwende eingeläutet. Bereits eine Woche nach der Unwetterkatastrophe lancierte der Bundesrat das Projekt Optimierung der Warnung und Alarmierung bei Naturgefahren (OWARNA). In Zusammenarbeit mit PLANAT wurde untersucht, welche Massnahmen zum Mindern und zur Bewältigung derartiger Notlagen beitragen. 

Konkret hat der Bund die Vorhersagemodelle verbessert, die Warn- und Gefahrenstufen vereinheitlicht sowie die Alarmierung bei extremen Wetterereignissen optimiert. 2014 entstand für die Bevölkerung die Warnplattform “Naturgefahrenportal”.

Das Hochwasser von 2005 hat die Grenzen technischer Schutzmassnahmen aufgezeigt und eine Kehrtwende eingeläutet

Zunahme Gefährdung

Gefährdung von Hochwasser nimmt zu

Der Klimawandel wirkt sich auf die Hochwassergefahr aus: Gemäss den aktuellen Klimaszenarien wird es in der Schweiz zunehmend zu häufigeren und intensiveren Starkniederschlägen kommen. Auch werden die Gletscher weiter abschmelzen. Die Gefahr von Überschwemmungen und Murgängen wird künftig zunehmen.

Wirkungsvolle Massnahmen

Wirkungsvolle Massnahmen

Für den Schutz vor Hochwasser und Murgängen sind verschiedenste Stellen gefragt: Kantone und Gemeinden mit raumplanerischen und organisatorischen Massnahmen. Aber auch die Hauseigentümerinnen und -eigentümer mit baulichen Massnahmen oder der Gestaltung des Terrains. Der Bund gibt persönliche Empfehlungen ab, wie sich Einzelpersonen vor, während oder nach einem Hochwasser verhalten sollen. Beispiele von Massnahmen sind:

Raumplanerische Massnahmen

  • Gefahren- und Risikokarten erstellen  
  • Gefahrengebiete im Zonenplan bezeichnen 
  • Gewässerräume ausscheiden und freihalten  
  • Gefährdete Gebiete nicht weiter überbauen bzw. nicht einzonen 

Technische Massnahmen

  • Gewässer und bestehende Schutzbauten unterhalten  
  • Rückhaltemassnahmen vorsehen (Abflussregulierungen, Rückhalteräume und -becken, Geschiebesammler) 
  • Gerinnekapazitäten erhöhen (Dämme, Aufweitungen) 
  • Hochwasserspitzen ab- und umleiten (Überlastkorridore) 
  • Massnahmen zum Geschiebemanagement und -haushalt umsetzen  
  • Ufer und Flusssohlen stabilisieren 
  • Bauten und Anlagen schützen

Biologische Massnahmen

  • Schutzwälder und seitliche Hänge der Gewässer pflegen 
  • Erosionsgefährdete Ufer und Gewässerräume mit Vegetation ausstatten 

Organisatorische Massnahmen

  • Überwachungs- und Frühwarnsysteme installieren  
  • Alarmierungskonzepte erstellen und einüben 
  • Notfallpläne erarbeiten und aktuell halten 
  • Mobile Schutzelemente bereithalten 

Aufgeweiteter Ticino rund um Bellinzona

Der Fluss Ticino wurde Ende des 19. Jahrhunderts begradigt und kanalisiert, um das Land urbar zu machen. Mit den Jahren erodierte die Flusssohle, es entstanden Schäden an den Schutzdämmen und die Gefahr stieg, dass die Ebene überschwemmt wird. Heute wird dem Fluss wieder mehr Raum gegeben. Das Projekt «Parco fluviale Ticino Boschetti e Saleggi a Bellinzona» dient nicht nur dem Hochwasserschutz, sondern auch der Biodiversität und als Erholungsraum. 

Chronik

Verheerende Hochwasser und Murgänge

1852

Die Aare erreichte den höchsten je verzeichneten Stand, und liess auch den Rhein stark ansteigen. Bei diesem Hochwasser war das Seeland besonders betroffen und die Bestrebungen für eine Juragewässerkorrektion erhielten neuen Auftrieb.

1981

Am 24. Juli entstand nach starken Regenfällen aus einem kleinen Bächlein ein Murgang und verschüttete bei Domat-Ems (GR) ein Zeltlager mit Kindern. Viele konnten sich retten, sechs Mädchen starben. 

1987

Die Schweiz befand sich im August 1987 im Ausnahmezustand: Es gab kaum ein Tal ohne grosse Schäden an Bach- und Flussläufen, Strassen, an Häusern, Infrastrukturen oder Landwirtschaftsland. Das Hochwasser verursachte Gesamtschäden in der Höhe von 800 Mio. Franken.  

1993

Am 24. September trat die Saltina in Brig nach wochenlangen Niederschlägen und drei Tagen intensivem Regen über die Ufer. An der Brücke mitten im Zentrum stauten sich Geschiebe und Schwemmholz und führten zu einer Verklausung. Die Überschwemmungen hinterliessen auf Strassen, Plätzen und in Gebäuden meterhoch Sand und Geschiebe. Zwei Menschen verloren ihr Leben. Der Sachschaden dieses Ereignisses betrug über 650 Mio. Franken.  

2005

Beim Hochwasser im August 2005 starben in der Schweiz sechs Menschen. Es verursachte Sachschäden von 3 Mrd. Franken und war seit der systematischen Erfassung 1972 das Naturereignis mit den grössten finanziellen Schäden. Betroffen waren ungefähr 900 Gemeinden. Orte wie Engelberg oder Lauterbrunnen blieben tagelang von der Umwelt abgeschnitten. In Bern trat die Aare über die Ufer und überschwemmte das Mattequartier.  

2007

Das Hochwasser vom 8./9. August war ein weiteres bedeutendes Ereignis, das weite Teile des Mittellands und des Schweizer Jura betraf. Das als hochwassersicher geltende System der Jurarandseen und der unterliegenden Aare war überlastet. Die Birs schwoll zu einem reissenden Fluss an und flutete die Altstadt von Laufen (BL). 

Kaskade von Naturgefahren

Kaskade von Naturgefahren

Bisweilen kommt es bei Naturgefahren zu einer Verkettung von Ereignissen. Hochwasser kann für weitere Naturgefahren eine Rolle spielen:

Oberflächenabfluss

Gewitter und starke Regenfälle können nebst Hochwasser auch Oberflächenabfluss verursachen. 

Rutschungen und Hangmuren

Gewitter und starke Regenfälle führen oft auch zu Hangmuren.  

Fels- und Bergsturz

Gewitter und starke Regenfälle können Steinschläge bis hin zu Fels- und Bergstürzen verursachen. 

Letzte Änderung: 27.03.2024